Im Jahre 1973 wurde aus Anlass des 50-jährigen Bestandsjubiläums der Bürgermusik St. Gallenkirch vom damaligen Ehrenobmann des Vereines, Ernst Juen, eine Festschrift verfasst, aus der wir die folgende „Geschichte der Bürgermusik St. Gallenkirch" zitieren:



 

 

Der Wunsch, eine eigene „Blechmusik" zu haben, beseelte maßgebliche Bürger von St. Gallenkirch schon vor Jahrzehnten. Bereits in einer Zeit, da man noch keine Musik-Box, kein Radio und noch kaum ein Trichter-Grammophon kannte, gab es in St. Gallenkirch Männer, welche versuchten, eine Musikkapelle zu gründen. Im Jahre 1896 unternahmen der Holzhändler Franz Düngler und der Postmeister Josef Barbisch den ersten Versuch einer Gründung. Dieser scheiterte jedoch an allzu großen personellen und finanziellen Schwierigkeiten. Es vergingen wieder viele Jahre und dann kam der Erste Weltkrieg, welcher ohnedies die Möglichkeiten einer Musikvereinsgründung ausschloss. Aber nach dem Kriege lebten die Bestrebungen wieder auf.

 

Im Jahre 1923 gelang dann einigen wenigen unternehmensfreudigen Männern die Gründung der Bürgermusik St. Gallenkirch. Es waren dies vor allem der Holzhändler Franz Düngler, der Zollwache-Inspektor Matthias Morscher und der Schuhmachermeister Franz Walser. Franz Düngler bemühte sich vor allem um die Meisterung der damals schwierigen finanziellen Probleme; Matthias Morscher und Franz Walser setzten sich äußerst tatkräftig für die organisatorischen Belange ein. Es gelang ihnen, den damals in St. Gallenkirch amtierenden Zollwachebeamten Johann Fessl, welcher früher Millitärmusiker war, als Musiklehrer und Kapellmeister zu gewinnen. Die Begeisterung über die Gründung einer eigenen „Blechmusik" war im Anfang besonders groß. Es meldeten sich nahezu 50 junge Burschen und Männer als Musikerlehrlinge. Doch diese Zahl sank innerhalb eines Jahres auf 15. Im Jahre 1924 erfolgte zur großen Freude der Gemeindebevölkerung die erste Ausrückung der Bürgermusik St. Gallenkirch. Sie konnte damals 3 Märsche spielen („Gruß aus dem Achental" von Kaltschmid, „Freiheitskinder" von Kaltschmid sowie den „Egerländer-Marsch" von Kopetzky. Der Freude und dem Stolz der Musikanten tat auch kein Abbruch, dass die Kapelle einen dieser drei Märsche nur bis zum Trio spielen konnte. Der Beifall der Zuhörer war groß; die Musikanten fassten Mut, das Begonnene fortzusetzen.

Die Finanzierung erfolgte unter sehr großen Schwierigkeiten. Wenn auch die Gemeinde aus ihrer spärlichen Kssa eine Zuwendung gewährte und sich zahlreiche Gönner und Spender einstellten, drohte dem jungen Verein im Jahre 1925 ein finanzielles Fiasko. Mitbegründer Franz Düngler rettete jedoch den Verein, indem er im entscheidenden Augenblick die Bürgschaft für das notwendige Kapital übernahm und dadurch die Versteigerung der Instrumente verhinderte. In weiterer Zukunft konnte sich der Verein in finanzieller Hinsicht durch die laufenden Unterstützungen der Gemeinde sowie durch die stets großzügige Spendenfreudigkeit der Bevölkerung behaupten.

 

Über die Instrumentierung kann folgendes berichtet werden: Die Erstausstattung erfolgte mittels gebrauchter Instrumente, welche von der Harmoniemusik Schruns angekauft wurden. Es waren dies Instrumente mit der sogenannten „Militärstimmung", welche bekanntlich ½ Ton über der Normalstimmung intoniert ist. Im Jahre 1959 erfolgte mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde eine Umstellung auf Normalstimmung. Ein Großteil der Instrumente musste neu angeschafft werden. Einige gute alte Instrumente wurden entsprechend umgebaut. In all den Jahren des Bestandes unseres Vereines hat sich die Firma Gebhard Hinteregger (vormals Rohner) in Wolfurt als solide Lieferantin und Betreuerin der Instrumente erwiesen.

 

Die Uniformierung des Vereines hatte eine abwechslungsreiche Entwicklung. Die erste Uniform erhielten unsere Musikanten bereits im Jahre 1924. Sie wurde zum Großteil durch die zwischenzeitlich schon längst verstorbenen Ehrenmitglieder Bauunternehmer Christian Fleisch, einem gebürtigen St. Gallenkirchner, später ausgewandert in das Saargebiet, und dem Fabrikanten Richard Sannwald, Bregenz, finanziert und bestand aus feldgrauen Lodenröcken mit geschlossenem Kragen, feldgrauen Spitzhüten mit grüner Schnur und weißen Straußenfedern, sowie schwarzen Hosen – so man hatte. Diese Uniformierung blieb über 25 Jahre bis zum Jahre 1949. Da eine Nachbeschaffung bzw. Ergänzung auf Schwierigkeiten stieß und der Kassa-Stand eine größere Ausgabe nicht zuließ, musste ein neuer Weg gefunden werden. Es wurden aus amerikanischen Heeresbeständen alte, aber sehr gut erhaltene hellbraune Militärblusen angekauft und zu Musikerröcken „veredelt". Dazu trug man schwarze Schirmmützen militärischer Fasson sowie schwarze Hosen mit hellgrauem Passepoil. Doch sehr bald wurde der Wunsch wach, dem Beispiel anderer Vereine folgend die Montafoner Männertracht als Vereinsuniform anzuschaffen. Durch großzügige Unterstützung der Gemeindekassa sowie durch ausgiebige Spenden einheimischer und auswärtiger Gönner konnte die Bürgermusik St. Gallenkirch ihre Uniformierung in den Jahren 1953 bis 1955 auf die Montafonertracht umstellen.

Im Jahre 1956 erhielt unsere Musik eine schöne Vereinsfahne in den Farben blau – weiß. Sie ist ein Geschenk des bereits mehrfach erwähnten Gründers und langjährigen Obmannes Franz Düngler. Sie zeigt auf der einen Seite einen Ausschnitt aus dem Dorfbild mit der Pfarrkirche zum hl. Gallus sowie die Vereinsbezeichnung; auf der anderen Seite das Bildnis der hl. Cäcilia als Patronin der Musik und den Vers: „Im Takte fest, im Tone rein, soll unser Spiel und Leben sein." Zum ersten Fähnrich wurde mit einsstimmigem Beschlusse Bürgermeister Hermann Mangard bestellt, welcher auch die Fahnenstange spendierte.

 

Es war ein sehr wechselvolles Leben, welche die Geschichte des Vereines durch diese 5 Jahrzehnte erfüllte. Es waren ihm glänzende Höhepunkte in erfreulicher Zahl gegönnt; andererseits blieben ihm Niederschläge und schmerzliche Wunden nicht erspart. Der Verein diente in ungezählt vielen Fällen den öffentlichen, kulturellen Belangen der Gemeinde, sei es bei kirchlichen oder weltlichen Festen. Er konnte wiederholte Male gute Erfolge bei Wertungsspielen erzielen und gastierte viele Male bei festlichen Anlässen in anderen Gemeinden des In- und Auslandes.

Schwerstens getroffen wurde unsere Musik durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Der Großteil der Vereinsmitglieder musste zum Waffendienst einrücken. Das gemeinsame Musizieren musste aufgegeben werden. Neun Musikkameraden kehrten aus dem Kriege nicht mehr heim – ein überaus schmerzlicher Verlust. Die heimgekehrten Musikanten fassten aber neuen Mut und gingen bereits im Herbst 1945 daran, das Vereinsleben wieder zu aktivieren. Dabei machten sich in besonderer Weise die Kameraden Josef Stocker, Anton Netzer und Franz Schapler verdient. Man sammelte die alten Musikanten, warb neue Lehrlinge an und begann mit der Probenarbeit. Noch im gleichen Herbst erfolgten die ersten Ausrückungen (zu einer Beerdigung sowie zur Totenehrung am Allerheiligentag.

Das für 15. August 1956 vorgesehene große Fest der Fahnenweihe musste wenige Wochen vorher abgesagt werden, wozu drei bittere Ereignisse Anlass gaben: Im Juni 1956 verunglückte der Aktivmusikant Ernst Willi tödlich, im Juli 1956 starb unerwartet die Fahnenpatin Ludwina Düngler, Gattin des Gründers und Obmannes Franz Düngler (Nachfolgerin wurde ihre Enkelin Ingeborg Schapler, verehelichte Zugg). Ebenfalls im Juli 1956 richtete der Wildbach Tramosa in der Parzelle Außerziggam arge Verwüstungen an. Die ob dieser Ereignisse sehr gedrückte Stimmung gestattete also nicht die Abhaltung eines frohen Festes. Die Fahnenweihe wurde daher nur in kirchlichem, aber sehr eindrucksvollem Rahmen durchgeführt.

Bei der ersten Ausrückung im Jahre 1924 hatte der Verein – wie bereits erwähnt – 15 Aktivmitglieder; 1948 waren es 24, im Jahre 1973 sind es 37. In den ersten Jahren wurden die Proben in einem rückwärtigen Zimmer des Gasthofes „Gemse" abgehalten; durch weitere drei Jahrzehnte im Parterre-Eckzimmer des alten Schulhauses. Nach Errichtung des neuen Schulhauses in St. Gallenkirch erhielt die Musik dort Unterkunft.

 

Nach der Aufzählung der Obleute und Kapellmeister der ersten 50 Jahre endet der Bericht von Ernst Juen im Jahre 1973:

Im Jubeljahr 1973 kann sich nun die Bürgermusik St. Gallenkirch in mehrfacher Hinsicht an Höhepunkten erfreuen: Mit ihrem derzeitig hohen Mitgliederstand hat unser Verein die Besetzung, welche für einen guten Klangkörper als wichtige Grundlage anzusehen ist; dem gegenwärtigen Aktivstand gehören neben zahlreichen altbewährten Musikanten auch viele junge Bläser an, sodass der Verein von Nachwuchssorgen weitgehend befreit ist; schließlich kann die Vereinsleitung mit besonderer Genugtuung vermerken, dass sich unsere Musikkapelle in ihrer musikalischen Leistungsfähigkeit auf einem beachtlichen Niveau befindet. Mit Zuversicht überschreitet daher die Bürgermusik St. Gallenkirch die Schwelle vom ersten Halbjahrhundert in die Zukunft. Mögen ihr Rückschläge erspart bleiben, dafür aber weiterer Bestand und Erfolg beschieden sein. Das walte Gott. E.J."



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